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Jakob Barandun

Ist häufiger Jobwechsel schlecht für die Karriere?

Wie Sie durch geschickte Stellenwechsel zum beruflichen Gipfelstürmer werden.


Jan Lachner, 24, war schon alles. Fischer auf Malta, Immobilienmakler in Luxemburg, Bierbrauer in Tschechien, Förster in Finnland. Seit November 2011 wechselt der Deutsch-Franzose die Jobs wie andere Menschen den Anzug fürs Büro: jede Woche. Sein "Euro-Jobs Project" führt denIngenieurder Luft- und Raumfahrttechnik während 33 Wochen durch 33 Berufe in 33 europäischen Ländern. Ein Crash-Kurs in Business-Kultur und Völkerverständigung.


Heute Ingenieur, morgen Alphornbauer


Obwohl Lachner keine einschlägigen Erfahrungen mitbringt, "werde ich eine zusätzliche, hart arbeitende und begeisterte Hilfskraft sein", verspricht er. Sein Übungsfeld in der Schweiz ist der Betrieb eines Alphornbauers in Kriens beiLuzern.


Nach einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iw), Köln, passt Lachner ins Bild des modernen Jobhüpfers: Er ist jung und hoch qualifiziert. Rein rechnerisch treten die 15- bis 24-Jährigen alle zwei Jahre eine neue Stelle an. DieGeneration 50pluslässt sich deutlich mehr Zeit, etwa sechs Jahre. Die Wechselwahrscheinlichkeit ist bei Universitätsabsolventen fast ein Drittel höher als bei Arbeitnehmern, die eine Berufsausbildung gemacht haben. Männer werden ihrem Arbeitgeber häufiger untreu als Frauen.


Neuer Arbeitgeber, neues Glück


Bessere Aufstiegs- und Verdienstchancen seien die stärksten Anreize für einenStellenwechsel, so die Outplacement-Beratung von Rundstedt HR Partners, die 500 Führungskräfte befragt hat. 57,5 Prozent gaben an, den Absprung zu planen oder zumindest darüber nachzudenken. Vor allem Führungskräfte in grossen Unternehmen zeigten sich wechselwillig. Nicht alle strebten nach Höherem – einigen sass ein böser Chef im Nacken, ihr Unternehmen baute Personal ab oder sie hatten schlicht Langeweile. Sie suchten neues Glück bei einem neuen Arbeitgeber.


Doch allzu eifrige Postenspringer haben nicht den besten Ruf. Sie gelten als unstet, illoyal, nur auf den eigenen Vorteil bedacht. "Leute mit langen Listen von Positionen sind in aller Regel keine Manager und schon gar keine Leader, sondern Karrieristen", schrieb Management-Guru Fredmund Malik schon vor zehn Jahren. "In ihren Lebensläufen findet man vieles; in ihrem Leben allerdings nur eines: einen untrüglichen Instinkt dafür, wann sie gehen müssen. Und sie gehen immer genau ein halbes Jahr, bevor der Mist zu riechen beginnt, den sie hinterlassen werden."


Intervalle werden länger


Die Kunst ist, ein gesundes Mass zwischen Verändern und Verharren zu finden. Wer sich überhaupt nicht vom Fleck bewegt, gilt als satt, lustlos und wird bei Beförderungen gern übersehen. Auf lange Sicht kann der Verlust des Arbeitsplatzes drohen. Ein vernünftiger "Takt" für den Stellenwechsel ist zu Beginn der Laufbahn alle zwei bis drei Jahre, später alle vier bis sechs Jahre.


Ab 55 empfiehlt es sich, den letzten, sicheren Hafen anzusteuern, sofern der Arbeitsmarkt die Chance dazu bietet. Diese Erfahrungswerte helfen bei der Orientierung – wann genau die Veränderung stattfinden soll, muss aber jeder selbst bestimmen. "Häufig ist der richtige Zeitpunkt für einen Stellenwechsel gegeben, wenn das Gefühl aufkommt, dass die eigene Entwicklung stagniert und der Lernzuwachs an der aktuellen Stelle nur noch gering ist", meint Brigitte Böhi, Inhaberin der Berufs- und Karriereberatung Böhi Christen in Zug. "Um einen fundierten Entscheid zu fällen, braucht es eine seriöse Standortbestimmung. Diese beinhaltet eine Situationsanalyse und eine Zieldefinition, aber auch eine realistische Einschätzung der eigenen Wünsche und Kompetenzen."


Stellenwechsel erfordert Zeit


Das erfordert Zeit. Schliesslich sucht der Mitarbeiter nicht die nächstbeste, sondern die objektiv beste Fortsetzung seiner Berufslaufbahn. Aufgabe, hierarchische Einordnung, Gehalt, Perspektive, Renommee des Unternehmens müssen stimmen – vor allem zu Beginn der Laufbahn.


Wer beispielsweise nach Bankausbildung, Traineeprogramm in einer Bank und zwei Jahren als Wertpapierberater zu einem Maschinenbauunternehmen geht, schlägt die Tür ins Kreditgewerbe erst einmal hinter sich zu. Genauso riskant ist ein hierarchischer Rückschritt, etwa vom Abteilungsleiter zum Referenten. Mit zunehmender Berufserfahrung sind solche "Brüche" eher akzeptiert.


Networking mit Langzeitwirkung


"Der Vorlauf ist je nach Branche, Alter und Tätigkeit sehr unterschiedlich", sagt Böhi. Bewerber benötigen in der Regel ein halbes bis ein ganzes Jahr, bevor sie die neue Stelle antreten. Wie bei jeder Jobsuche ist Diskretion ratsam. Eindeutige Stellengesuche auf Xing oder Facebook verbieten sich, weil Personalabteilungen oft routinemässig die Profile ihrer Mitarbeiter "scannen".


"Bei ungekündigter Stelle ist es von Vorteil, die Stellensuche gezielt und nur sehr ausgewählt an Vertrauensleute zu kommunizieren", rät Böhi. Kontakte zu Kunden und Lieferanten des Noch-Arbeitgebers können als Sprungbrett dienen, sofern sie diskret bleiben. Ausserdem sind juristische Beschränkungen zu beachten, etwa durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das zuweilen in Arbeitsverträge aufgenommen wird. Im privaten Umfeld schadet ein offenes Wort dagegen nicht. Familie, Freunde, Bekannte aus Vereinen sind gute Multiplikatoren.


Wenn die Kündigungsabsicht bekannt wird


Hat sich trotz aller Vorsicht im Unternehmen herumgesprochen, dass man an Kündigung denkt, darf dies nicht zu einer Schockstarre führen. Im Gegenteil: "Enttarnte" Wechsler sollten ihre Bewerbungsanstrengungen eher verstärken. Die Bitte um ein Zwischenzeugnis gehört dazu – es erhöht die Chancen am Arbeitsmarkt wesentlich.


Zuweilen öffnet ein solcher Vorstoss dem Vorgesetzten die Augen: Er merkt, dass er womöglich einen guten Mitarbeiter verliert, und versucht ihn zu halten. Auf diesem Weg ist manche Beförderung zustande gekommen – auch ohne Luftveränderung.

Von Christoph Stehr


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